„Toter Mann“ hilft bei Erschöpfung

BOBENHEIM-ROXHEIM: Bei der Aktion „Sicher am See“ bleiben die Mitglieder der DLRG trotz Anmeldungen unter sich

Von Marcel Marner

Unter dem Motto „Sicher am See“ sollten Kinder im Alter zwischen elf und 14 Jahren am Sonntag eigentlich lernen, wie die Arbeit eines Rettungsschwimmers aussieht. Eigentlich. Der Schnuppervormittag am Silbersee in Bobenheim-Roxheim, der die erste gemeinsame Aktion der Bernd-Jung-Stiftung und der Frankenthaler Ortsgruppe der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) werden sollte, fiel ins Wasser.

Die sechs in Rot-Gelb gekleideten Mitglieder der DLRG Frankenthal sitzen an einem Tisch vor ihrer Wachstation am Silbersee. Sie trinken Kaffee. Hinter ihnen erkennt man viele Utensilien, die bei Rettungseinsätzen auf dem Wasser benötigt werden. Sogar ein Rettungsboot haben die Schwimmer aus Frankenthal mitgebracht. Es ist fast 10 Uhr. Vor einer Stunde hätte der Kurs losgehen sollen. Wenig Sonne, kühler Wind. Ist das Wetter der Grund dafür, dass weit und breit kein Kind in Sicht ist, das wissen will, was ein Rettungsschwimmer so macht? Sascha Müller, Vorsitzender der Ortsgruppe, befindet sich unter den DLRGlern, die heute an den Silbersee gekommen sind. „Wir wollten auch mal etwas für Nichtmitglieder machen“, erklärt er. Deshalb sei der Termin bewusst in die Ferienzeit gelegt worden. „Wir hatten sogar vier Voranmeldungen, von denen aber bisher niemand aufgetaucht ist.“

Für das Konzept der Aktion ist Daniel Alvarez verantwortlich. „Eigentlich war das Programm für zwölf bis 15 Kinder ausgelegt“, sagt der 25-jährige Frankenthaler, der vor zwei Jahren seinen Lehrschein gemacht hat. „Wir haben uns überlegt, was die Kinder interessieren könnte und was am Silbersee machbar ist.“ Im Konzeptentwurf wird eine Ausgangssituation beschrieben, nach der sich eine Gruppe Jugendlicher am See befindet. Es wird gefragt: „Was kann ich tun, wenn jemand um Hilfe schreit?“

Zu den geplanten Programmpunkten hätten unter anderem eine Vorstellung der DLRG-Station am Silbersee Einblicke in die Arbeit der Organisation und die Unterschiede zwischen dem Baden in einem Schwimmbecken und in einem See gezählt. „Ein See ist zum einen viel größer als ein Becken“, erläutert Ausbilder Alvarez, der seit 1994 bei der DLRG mitmacht. „Zum anderen sieht man in einem See oft nicht, was sich unter einem befindet.“ Viele Menschen fänden dies etwas beängstigend. Für Schwimmer mit Kreislaufproblemen könnten plötzliche Temperaturunterschiede natürlicher Gewässer zur Gefahr werden.

Neben der Fremdrettung hätten die Teilnehmer der Veranstaltung auch gelernt, wie man sich im Wasser verhält, wenn man plötzlich Muskelkrämpfe bekommt. Bei einem Wadenkrampf hilft es laut Alvarez, das Bein auszustrecken und die Zehenspitzen nach oben zu ziehen. Sollte man einmal zu weit rausgeschwommen und zu erschöpft sein, um es wieder bis zum Ufer zu schaffen, helfe immer noch der „tote Mann“: auf den Rücken legen und auf der Wasseroberfläche treiben, um sich auszuruhen. Dass es entspannender sei, sich auf den Bauch zu legen und ab und zu zum Atmen den Kopf zu heben, sei vielen Menschen nicht bewusst.

Auch wenn sich der Silbersee für Rettungsübungen und -vorführungen eignet, geschehen hier laut DLRG-Mitglied Kathrin Thomas eher selten schwere Unfälle. „Ertrunken ist hier glücklicherweise schon lange niemand mehr. Die Leute kommen eher zu uns, wenn sie von einer Biene gestochen wurden oder in Glasscherben getreten sind.“ Müller bestätigt das: „Vor Kurzem hat uns sogar jemand gefragt, ob wir Strom haben, um ein Schlauchboot aufzublasen.“

Das Ziel von Veranstaltungen wie dieser ist laut Thomas nicht nur die Gewinnung von Nachwuchs für den Rettungsdienst: „Wir haben auch gemerkt, dass es immer mehr Kinder gibt, die nicht schwimmen können. In vielen Kommunen gibt es nur noch Spaßbäder, in denen keine Schwimmkurse angeboten werden.“ Das macht die Tatsache, dass die Aktion so wenig Anklang findet, umso enttäuschender.

Die anwesenden Rettungsschwimmer tragen es mit Fassung und haben für jeden Spaziergänger, der an ihrer Station vorbeikommt, einen netten Gruß auf den Lippen.

                                                                                                                                                                                                                       

Quelle: Die Rheinpfalz – Frankenthaler Zeitung Ausgabe 198,  27. August 2014